Peter Lange wurde vom Weltverband für sein 50-jähriges Jubiläum geehrt. Der Budo-Großmeister gibt einen Einblick in seine Arbeit als Kampfsportler und Vorsitzender des Jiu Jitsu Studios Dinslaken.

Es ist ein einfacher Holzstuhl auf dem Peter Lange sitzt, die Arme verschränkt. „Erstmal die Kleider ordnen und dann noch mal fünf Bodentechniken“, sagt er ruhig, aber bestimmt zu zwei jungen Männern, die sich keuchend gegenüberstehen. Sofort gehen die beiden runter auf die Matte, blitzschnell führt der eine an dem anderen fünf verschiedene Haltetechniken aus, jeder Handgriff sitzt. „Das genügt. Danke“, sagt Lange und verschwindet kurz in einem Nebenraum der Sporthalle, um eine Urkunde für eine bestandene Grün-Gurt-Allkampfprüfung zu holen. Der Lohn für ein halbes Jahr Vorbereitung und eine Prüfung, bei der jeder Allkämpfer an seine körperlichen Grenzen gehen muss.

Der Allkampf ist sozusagen Peter Langes Erfindung, die er sich mit dem Dinslakener Reiner Cerajewski teilt. „Unser Allkampf ist vom Weltverband offiziell anerkannt. Zwar gibt es den Allkampf auch in anderen Kampfsportschulen, aber die Prüfungsordnung, so wie ich sie entworfen habe, gibt es nur hier im Jiu Jitsu Studio Dinslaken“, erklärt Lange.

Seit 50 Jahren ist der Dinslakener Kampfsportler nun aktiv, hat im Judo, Shaolin Kempo, Kickboxen und Dju-Su viele Prüfungen durchlaufen, sich mit den chinesischen Kampfkünsten Tai Chi und Pa-Kua auseinandergesetzt und im Jiu Jitsu 1995 mit dem zehnten Dan die Endstufe dieses Selbstverteidigungssystems erreicht. In fast allen dieser Stilrichtungen leitete Lange Trainingsgruppen in der Sporthalle an der Elisabethschule, in der das Jiu Jitsu Studio Dinslaken trainiert. „Irgendwann war mir das zu festgefahren. Ich kannte in den verschiedenen Kampfsportarten die Prüfungsordnungen. Doch für mein Empfinden wurde dort nicht unbedingt nach der besten Herangehensweise gefragt. Deshalb habe ich mich 2000 daran gemacht, eine Kombination aus allen Kampfsportarten zu entwerfen, im Prinzip nach griechischem Vorbild des Pankrations: dem Allkampf“, erklärt Lange. 2003 war dann eine Prüfungsordnung entstanden, die sich Lange vom Weltverband schützen ließ. Bis heute leitet er die Allkampfgruppe in Dinslaken. „Das Besondere im Allkampf ist, dass man sich selbst über seine Stärken bewusst werden muss und diese dann speziell trainiert. Deshalb ist das Training viel individueller als bei den herkömmlichen Kampfkünsten“, meint Lange. Zu seinem 50-jährigen Jubiläum wurde er vom Weltverband, der MAA-I (Martial Arts Association-International), ausgezeichnet.

Vom TÜV zertifiziert

Neben seiner kampfsportlichen Tätigkeit hat Peter Lange auch dafür gesorgt, dass das Jiu Jitsu Studio Dinslaken seit 2001 nach der ISO 9001 Norm zertifiziert wird. Diese Norm unterliegt einem Qualitätsmanagement-System, bei dem die Zufriedenheit der Mitglieder im Mittelpunkt steht. „Wir sind mit dieser Herangehensweise ein Exot in der Vereinsportlandschaft in Deutschland“, meint Lange. Das Vereinsleben wird durch anonyme Umfragen immer wieder überprüft. Zertifiziert wird das Jiu Jitsu Studio dabei durch den TÜV Nord. Neben diesem Modell wird seit 2005 durch Langeauch das EFQM-Modell im Verein angewandt.

Mitgliederzahlen steigen stetig an

Bei der Entwicklung dieses aus der Industrie stammenden Qualitätsmanagement-Systems für Sportvereine hat Lange im Arbeitskreis des Landessportbundes mitgewirkt. Auch hier geht es um eine anonyme Bewertung aller Verantwortlichen des Vereins. Die dabei zum Vorschein kommenden negativen Punkte versuchen Vereinsmitglieder in Projektgruppen zu verbessern. Diese werden dann erneut unabhängig geprüft. „Beide Systeme haben Schnittmengen, ergänzen sich aber sehr gut. Es ist natürlich nicht immer leicht bewertet zu werden, auch ich brauche manchmal einen Tag, um die Kritik zu verdauen“, meint Lange.

Im Großen und Ganzen sorgen die Qualitätsmanagement-Systeme für mehr Zufriedenheit. Das macht sich auch an den Mitgliederzahlen des Jiu Jitsu Studios bemerkbar. Seit 2008 haben die sich auf heute 185 Mitglieder verdoppelt. „Die Grundgedanken dieser Management-Systeme sind für alle Sportvereine ein guter Ansatz. Diese so gnadenlos und systematisch umzusetzen, wie wir es hier tun, ist sicher nicht überall machbar“, meint Lange, der beruflich Qualitätsmanager bei ThyssenKrupp ist.

Peter Lange scheint es als 1. Vorsitzender geschafft zu haben, aus dem Jiu Jitsu Studio Dinslaken einen fortschrittlichen Verein zu formen, der mehr ist als nur eine Institution zum Sporttreiben. Das beste Beispiel dafür war die Gala des Vereins zu Ehren von Langes Jubiläum. Dort machte der 2. Vorsitzende Giuseppe Gramegna seiner langjährigen Freundin Dominique zu Klampen, die auch Allkämpferin ist, einen Heiratsantrag. „Ich wollte es einfach im Kreise der Leute machen, die uns am meisten verbinden und dafür gab es eigentlich nur diese eine Feierlichkeit, wo viele unserer Kampfsportfreunde anwesend waren“, erklärt Gramegna.

Beim Allkampf ist das Training viel individueller als bei herkömmlichen Kampfkünsten.

Peter Lange über die speziell von ihm entwickelte Kampftechnik.

Peter Lange (Mitte) feiert im Kreise seines Vereins, dem Jiu Jitsu Studio Dinslaken, seine Auszeichnung vom Weltverband für 50 Jahre als Budo-Großmeister. Teamkollege Giuseppe Gramegna (l.) macht seiner Freundin Dominique zu Klampen an diesem Tag einen Heiratsantrag.
Quelle: NRZ Autor: Thorben Utermann Foto: Heiko Kempken